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  • AutorenbildJochen Elser

Frankreich Teil I


Aus 3600 m Höhe aus den Pyrenäen Abgleiten nach Frankreich. das ist doch was... Nach Überschreiten der spanisch-fränzösischen Grenze ist das Wetter leider sehr unschön umgeschlagen. Segelfliegen? Nicht mehr wirklich möglich, nur abgleiten. In Lezignan-Corbier bin ich auf einem vereinsammten Flugplatz, auf dem Pierre im Turm die Stellung hielt aufgeschlagen. Kein Hangar, aber Aussicht auf eine Unterkunft in der flugplatznahen Skydive Flyzone. Das ist einer der Indoor Skydiving Windkanäle. Das wollte ich schon immer mal machen! Prima.

Die Zimmer dort in dem Skydivezentrum entpuppten sich allerdings als extrem rudimentär, wenn man das mal so sagen darf. Stockbetten, Etagendusche, keine Stühle, kein Frühstück, Restaurant geschlossen in der Zeit in der ich da war, allerdings zu einem unschlagbaren Preis von 21 €/Tag. Restaurants in Lezignan? Fehlanzeige, alles geschlossen. Der Taxifahrer meinte nur "Ghost City". McDonalds 25 Gehminuten entfernt war noch der einzige Lichtblick. Da ich kein Französisch spreche war die Kommunikation mit den Franzosen auch deutlich einsilbiger als mit den Spaniern davor. Skydiving 2 Minuten für 50 € füllen den Tag auch nicht, bei zwei Tagen Regen und Starkwind. Nach den zwei Tagen hatte ich allerdings ob der völligen Abgeschiedenheit schon fast einen Lagerkoller, ich wollte nur noch weg. Also ergriff ich die erste halbwegs fliegbare Gelegenheit...

Der Fluchtversuch gelang aber leider nur halb: Bei 85 % Luftfeuchte morgens ahnte ich den Braten schon. Als die Bedingungen dann annehmbar erschienen (65 % Luftfeuchte), zum Flugplatz, starten und weg… 900 m Basis, nicht gerade üppig. In die Berge fliegen ging damit nicht. Dann eine halbe Stunde nasse Flächen im Nieselregen. Richtung Montpellier wurde die Basis immer niedriger anstatt höher. Montpellier meldete im Metar (über Skydemon) plötzlich "Broken 1000 ft". Da drehte ich in Richtung Beziers. Mein Alternate Bedarieux war in Wolken, der in Seeyou und Xcsoar aufgeführte Platz Pezenas ist laut Internet schon seit 2013 geschlossen und nur noch für Außenlandungen zu gebrauchen (Skydemon war auf aktuellem Stand!), der Segelflugplatz St. Martin, an dem die Kameraden von Pic-Saint-Loup fliegen lag schon unter vergleichsweise niedriger Basis und ist zu kurz für einen Wiederstart meines Ventus ohne F-Schlepp. Hinter mir braute sich ein Gewitter zusammen.

Die wetterbedingte Landung in Beziers, einem Verkehrsflugplatz welcher außer für solche Fälle für Segelflugzeuge nicht genutzt werden soll, ging ganz gut bis auf den Eingang des Aprons, bei dem eine Feuerlöschanlage etwas den Weg für meine Fläche blockierte. Da war ich aber selbst schuld weil ich zu früh abgebogen bin. Aber mit der Hilfe des Bodenpersonals ging es dann.

Und es waren viele Hobbyflieger am Platz! Die Mitglieder des dort ansässiges sehr rührigen Aeroclubs bauen dort jeden Tag mit einem Team von bis zu 10 Mann an einem Eigenbauflugzeug, einer Oceanair. Und das ist nicht das erste Eigenbauflugzeug in diesem Club, im Hangar standen noch eine ganze Menge andere. Prima, das gefiel mir sehr!

Und auch die schnell besorgte Unterkunft La Chamberte in Villeneuve war sehr charmant, das totale Gegenteil der Unterkunft in von Lezignan-Corbier. Sehr geschmackvoll eingerichtet, mit sehr privater Atmosphäre, eine tolle Gastgeberin, ihr Mann ein ebenso toller Koch, der mir eindrucksvoll zeigte, dass French Cuisine keine leere Worthülse ist. Die Michelin-Auszeichnungen waren definitiv angebracht! Rundum zum Wohlfühlen...

Am dem einzigen als wirklich brauchbar vorhergesagten Flugtag wollte ich dann natürlich auf jeden Fall in die französischen Alpen, nach Gap oder wenn es nicht reichen sollte nach Aubenasson. Die 250 bzw. 200 km sollten an diesem Tag eigentlich trotz Gegenwind leicht machbar sein.

Verabschiedet von den rührigen Fliegerkameraden des Aeroclubs und wurde ich von zwei Feuerwehrmännern an den Flächenenden zur Vermeidung von bösen Schäden auf dem Taxiway mit gutem Gefühl zur Holdingposition geleitet. Aber meine Vorfreude wurde jäh eingebremst - plötzlich verspürte ich ein seltsames Verhalten in der Querrudersteuerung. Als das nicht weniger wurde, musste ich mich etwas verunsichert und schweren Herzens zu einem Startabbruch entscheiden und das Thema unter die Lupe nehmen.

Aber selbst nach der Komplettdemontage des Flugzeugs und genauester Untersuchung aller Steuerungselemente war nichts zu finden, alles offensichtlich völlig in Ordnung. Auch die Kameraden des Aeroclubs konnten nichts entdecken. Also leider Flugplan canceln, mit den Kameraden Mittag essen. Drei Gänge, Rotwein, das ist eben französische Lebensart! Am Abend war die Sache dann aber nach Hilfestellung per Telefon aufgeklärt: Das leicht ungewöhnliche Verhalten war nur durch das Zurückhalten der Flächen beim Run-Up entstanden. Das konnte aber keiner vorhersehen. Damit war es leider zu spät in die französischen Alpen aufzubrechen. In den nächsten 5 Tagen bis zum Ende meines Urlaubs waren im Flachland in Südfrankreich nur noch maximal 100 km am Tag möglich, ein Erreichen der fränzösischen Alpen in meinem Urlaub wäre nur durch massiven Motoreinsatz machbar. Das macht aber überhaupt keinen Spaß. Das einzige sinnvolle Wetterfenster war verpaßt...

Na gut. Da ich es in den verbliebenen 5 Tagen Resturlaub Anfang April sicher nicht mehr so leicht nach Deutschland geschafft hätte, die 5 Tage Urlaub auch zu wenig Zeit waren um die französischen Alpen noch richtig genießen zu können, ich zudem schon ziemlich gesättigt vom fliegen in den Bergen war und ich zuhause auch gebraucht wurde - und ich darüber hinaus auch noch einen perfekten und günstigen Platz für meinen Flieger im Hangar in Beziers gefunden hatte: Eine schnelle Entscheidung - Pause - Rückflug nach Stuttgart!

Man könnte sagen: Oh je! Ist ja doof! - Aber das ist Quatsch! Das war klar die beste Entscheidung! Ryanair startet 200 m vom Hangar meines Ventus entfernt, wo gibt's denn so etwas sonst noch? Und mal ehrlich: Fliegen, o. k. Da habe ich sicher in 3 1/2 Wochen mehr dazu gelernt als in den letzten 5 Jahren davor. Aber was ich in 3 1/2 Wochen alles erlebt habe auf 8 Flugplätzen und in 8 Städten ist phänomenal. Wie unglaublich viele Leuten ich in dieser Zeit kennen lernen durfte, von denen ich manche nun als Freunde bezeichnen würde. Das sind für mich Erfahrungen, die sich in 5 Jahren "normalem" Urlaub nur schwer oder gar nicht erleben lassen. Eine super tolle Erfahrung! Die auch ihre Zeit benötigt um verarbeitet zu werden...

Eines ist aber bereits jetzt klar: Die günstigsten Zeitfenster für einen problemlosen Weiterflug sind recherchiert und der Flug nach Beziers ist bereits gebucht - für eine Fortsetzung dieser schönen Reise!

 

Ich bin gespannt was mich noch alles erwartet ;-)


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