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  • AutorenbildJochen Elser

Messung der Luftfeuchtigkeit zur Ermittlung der Basishöhe

Aktualisiert: 11. Jan. 2020


Nun ja, ich hatte ja versprochen die Genauigkeit von Luftfeuchtemessungen unter die Lupe zu nehmen. Obwohl ich noch nicht soo viel Daten sammeln konnte, sehe ich in der Zwischenzeit doch sehr viel klarer.

Verglichen habe ich einige Haushaltswetterstationen der Fa. Brennenstuhl, ein sehr günstiges chinesisches Produkt (6,15 Euro), ein mechanisches Hygrometer TFA Dostmann, ein hochwertiges, kalibriertes Hygrometer (70 Euro) von Testo und zwei Wetterstationen in der näheren Umgebung.

Ergebnis der mobilen Messgeräte:

Was sich sofort zeigte ist, dass die Hygrometer doch sehr unterschiedliche Ergebnisse lieferten, obwohl alle Hygrometer mehrere Stunden direkt nebeneinander standen und alle Messungen ohne direkte Sonneneinstrahlung und mit zusätzlicher Abschattung stattfanden.

Referenz der Messungen war ein kalibriertes Gerät der Fa. Testo Testotherm 608 H1. Seine angegebene Genauigkeit ist +/- 3% vom Skalenendwert. Die Abweichung ist laut Kalibrierprotokoll kleiner 1%. Der Preis ist mit ca. 80 Euro zwar am oberen Ende der getesteten Gerät, aber meines Erachtens noch vertretbar.

Das Hygrometer von TFA Dostmann ist durch seine für uns sehr passende Skala ein sehr interessantes Gerät: Der grüne Bereich geht von 35 bis 65% Luftfeuchtigkeit, was dem am besten fliegbaren Bereich entspricht. Leider zeigt sich, dass die Genauigkeit des Herstellers von +/- 3% keinesfalls erreicht wird. Zu Beginn lag die Abweichung vom kalibrierten Gerät > 10%. Ein Nachkalibrieren führte dazu, dass bei 100% die richtige Luftfeuchtigkeit, bei geringeren Feuchtigkeit aber deutlich zu geringe Werte angezeigt wurden. Und schon nach einigen Tagen zeigte das Gerät ohne nachvollziehbaren Grund durchgehend deutlich höhere Werte an. D. h. für unsere Zwecke ist das Gerät leider nicht geeignet.

Die Haushaltswetterstationen WID 550 und WID 600 zeigten ebenfalls keine vertrauenserweckenden Ergebnisse: Die Wetterstation WID 550 zeigte bei hohen Luftfeuchtigkeiten brauchbare Ergebnisse, bei niedrigen Luftfeuchten grundsätzlich zu geringe Werte. Der Außentemperaturfühler der Station WID 600 zeigte bei geringen Luftfeuchtigkeiten deutlich zu hohe, bei hohen Luftfeuchtigkeiten deutlich zu geringe Werte an. Nur der Innenfühler der Station WID 600 zeigte Werte nahe an den Werten des kalibrierten Gerätes von Testo.

Das chinesische Billiggerät zeigte hingegen bessere Ergebnisse als der Preis dies erwarten lies: Maximal 5% Abweichung vom Referenzgerät bedeutet für unsere Anwendung eine maximale Abweichung der Basishöhe um ca. 15%. Das wäre gerade noch akzeptabel, wenn man bedenkt, dass die Abweichung immer gleich ist und man sich auf einen immer gleich abweichenden Messwert auf Dauer einstellen kann. Ob die Genauigkeit dieses Gerätes allerdings einen Einzelfall darstellt oder andere, baugleiche Geräte mehr abweichen kann ich nicht beurteilen.

Im Endeffekt muss ich aber leider resümieren:

Nur mit einem hochwertigen, kalibrierten Gerät kann eine für uns ausreichende Genauigkeit erwartet werden.

Leider ist das noch nicht das endgültige Ergebnis des Tests. Was darüber hinaus auffällt sind die z. T. extrem großen Abweichungen der Werte aufgrund von Standorteinflüssen:

Hauptproblem sind lokale Temperaturschwankungen. Prinzipiell sinkt die Luftfeuchtigkeit bei einer Zunahme der Umgebungstemperatur um 1 °C um ca. 6% vom angezeigten Wert, wie in einem anderen Blog schon hergeleitet. Dies bedeutet eine Verfälschung der berechnete Basishöhe z. B. bei 60% Luftfeuchte um ca. 100 m je 1 °C Temperaturschwankung. Eine Temperaturdifferenz von > 1 °C sollte also wenn möglich vermieden werden. Wenn man bedenkt welche Einflüsse die Temperatur auch des kalibrierten Gerätes verändern können, kommt man schnell zu dem Schluss, dass mit der Minimierung dieser Einflüsse die Qualität der Messung steht und fällt:

- Direkte Sonneneinstrahlung: Bis zu 25 °C höhere Temperatur. Jeder weitere Kommentar ist denke ich überflüssig.

- Schatten, indirekte Sonneneinstrahlung: Selbst bei bedecktem Himmel und im Schatten sind noch ca. 20% der Globalstrahlung vorhanden. In Verbindung mit der schwarzen Rückseite und dem verglasten Display des kalibrierten Gerätes wurden noch bis zu 4 °C höhere Temperaturen und um bis zu 15 % zu geringe Luftfeuchtigkeiten verglichen mit dem besser abgeschatteten und belüfteten Meßgerät gemessen.

- Lokale Temperaturzunahmen: Die Abstrahlung von Hauswänden bei niedrigen Aussentemperaturen von ca. 0 °C führten zu ca. 2 °C erhöhten Temperaturen, die Südhanglage bei Sonneneinstrahlung zu bis zu 3 °C erhöhten Temperaturen auf meiner Terrasse gegenüber Messtationen in der Umgebung.

- Aus einer Obstwiese wurde bei sonnigem Wetter trotz absolutem Schatten eine konstant ca. 2 °C höhere Temperatur als in schattigen Lagen in der Umgebung gemessen.

Die Luftfeuchtigkeit wird nach den Erfahrungen der Messreihe auch noch von anderen Einflüssen beeinträchtigt:

- Bodenfeuchte: Bei feuchtem Boden war in der Nähe des Bodens und ca. 100 cm oberhalb des Rasens bei Windstille eine ca. 5-10% erhöhte Luftfeuchtigkeit zu beobachten. Einflüsse können hier sein: Kombination aus dem Temperatureinfluß der Verdunstungskälte und aber auch der bodennah grundsätzlich erhöhten Luftfeuchtigkeit.

- Reaktionszeit des Hygrometers: Verlässliche Werte wurden in nahezu allen Fällen erst nach ca. 1 h angezeigt. Warum? Nun zum einen sind die Öffnungen der Geräte sehr klein und dadurch ist die Durchströmung sicher nicht so gut. Zum anderen benötigt die Angleichung der Temperatur im Inneren der Geräte ihre Zeit. Bis die Temperaturanzeige sich auf den richtigen Wert +/- 1 °C einpendelt vergehen schon bis zu 30 min (20 °C auf 2 °C). Vorher kann die Luftfeuchtigkeit aus den oben dargestellten Gründen auch auf keinen Fall richtig angezeigt werden. Eine Kondenswasserbildung im Inneren der Geräte kann bei drastischen Temperaturänderungen auch nicht ausgeschlossen werden. Schleuderthermometer oder Hygrometer mit externen Fühlern haben bzgl. der Reaktionszeiten sicher Vorteile.

Die zuverlässigsten und vergleichbarsten Messwerte bekomme ich noch am ehesten morgens früh nach dem Aufstehen. Da sind die Umwelteinflüsse am geringsten.

Wie man sieht, selbst mit einem sehr genauen Messgerät ist eine gute Luftfeuchtigkeitsmessung vergleichsweise schwierig durchzuführen.

Nun was kann man tun?

Die Werte professioneller Wetterstationen zu Rate ziehen.

In meiner Nähe gibt es zwei Wetterstationen. Eine ca. 8 km östlich auf derselben Höhe wie meine Terrasse (280 m MSL) http://wetterstation-schorndorf.de/index.html, und eine ca. 12 km westlich etwa 56 m tiefer gelegen (224 m MSL) https://www.stadtklima-stuttgart.de/index.php?klima_messdaten_station_bd.

Was auffällt ist, dass die höher gelegene Wetterstation in Schorndorf grundsätzlich etwas höhere Feuchtigkeitswerte anzeigt. Das ist aber auch nicht weiter verwunderlich, da sie bei normaler Temperaturschichtung auch etwas näher am Kondensationsniveau liegt. Eine Simulation zeigt, dass sich die Korrektur in diesem Fall ebenfalls ca. 6% des Feuchtigkeitswertes ja 100 m beträgt. D. h. bei 60% Luftfeuchtigkeit an der tiefer gelegenen Wetterstation in Bad Cannstatt sollte der Luftfeuchtewert in Schorndorf ca. 62% betragen. Dies kann ich im Mittel der Beobachtungen auch grob so bestätigen. Was ebenfalls auffällt ist, dass bei feuchtem Wetter und/oder Inversion hin und wieder auch deutlich höhere Unterschiede von bis zu 10% zu verzeichnen sind. Evtl. spielt die Lage der Messstation Bad Cannstatt im Neckartal mit seinem sehr feuchten Mikroklima, insbesondere bei inversiven Wetterlagen und/oder lokale Niederschläge dabei eine Rolle. Bei potentiellem Flugwetter, trocken und labiler, scheinen die Messwerte etwas zuverlässiger zu sein. Anmerkung: In dem oben dargestellten Diagramm sind nur Mittelwerte dargestellt. Alle Messwerte sind jedoch sehr plausibel, wenn man sie mit wirklich gut gemessenen Größen des kalibrierten Messgerätes auf meiner Terrasse vergleicht. Das kalibrierte Gerät tendiert aber dazu im Mittel etwas geringere Feuchtigkeiten anzuzeigen. Das ist jedoch ebenfalls nicht weiter verwunderlich, da durch die Südhanglage und die Nähe des Hauses die Terrassentemperatur auch bei bedecktem Himmel häufig 1 bis 2 Grad höher liegt als am Messpunkt in Schorndorf auf gleicher Höhe. Die Höhen- und Temperaturkorrektur im Diagramm bezieht sich immer nur auf die beiden professionellen Wetterstationen. Im Vergleich sind die Werte der Messtationen also durchaus brauchbar, die Werte per Internet sehr einfach abzurufen. Jedoch sollten Messstationen in feuchten Tallagen vermieden werden. Insbesondere, wenn die meisten thermisch guten Gebiete doch die Höhenlagen sind und die Kenntnis der Basis dort viel wichtiger ist als die Basis über der eigenen Terrasse.

Daher ein zweiter Versuch: Auf der folgenden Wetterseite existiert ein sehr umfangreicher Vergleich aktueller Wetterdaten von Stationen auf der Schwäbischen Alb. Also Werte von Wetterstationen mitten im Fluggebiet, meist in höheren Lagen: http://www.wetterglas.de/ (kein direkter Link, danach auf "aktuelle Messwerte" > "Wetterwarte Sued"). Eine Berechnung der Basishöhen mit einer Näherungsformel aus diesen Daten zeigte ein beeindruckendes Ergebnis: Die errechneten Basishöhen unterschieden sich zwischen den 66 Stationen um nicht mehr als +/- 100 m! Einzig die Stationen welche oberhalb der errechneten Basis lagen und die Stationen in feuchten Tälern zeigten deutlich unplausible Werte. Für mich heißt das: Die Nutzung von Wetterstationen im Fluggebiet, in trockenen Höhenlagen und unterhalb des momentanen Kondensationsniveaus ist eine zuverlässige Methode um die Basishöhe vorherzusagen.

Praktisch kann ich so z. B. die Basis am Heimatflugplat in Aalen Elchingen ermitteln indem ich mir den Wert der nahe am Flugplatz gelegenen Wetterstation in Neresheim anzeigen lasse (Link siehe oben) und mit dem Onlinerechner http://www.top-wetter.de/calculator.htm die Basishöhe berechne. Für eine schnelle Abschätzungen reicht auch eine Faustformel oder das Diagramm (siehe Blog "Luftfeuchte und Basishöhe"). Im Moment zeigt die Wetterstation Neresheim z. B. eine Luftfeuchtigkeit von 90% an. Die Basis ergibt sich dann mit dem Onlinerechner als 172 m über der Stationshöhe von 550 m. Damit liegt die Basis aktuell bei ca. 720 m MSL.

So wie ich das sehe ist das für mich im Moment die brauchbarste Methode zur Vorhersage der Basishöhe ...

 

Nachtrag 19.08.2018

In der Zwischenzeit habe ich sehr viel Erfahrung sammeln können. Meist ist es mir zu lästig Wetterstationen im Internet aufzurufen. Sehr gute Erfahrungen habe ich allerdings mit dem Ablesen des Luftfeuchtewertes morgen auf einer im Schatten liegenden Fensterbank gemacht. Mit dem Testo 608-H1 funktioniert die Basisvorhersage damit sehr zuverlässig.

Auch anstelle der Luftfeuchtigkeit den Taupunkt abzulesen hat sich als sehr günstig für die Messgenauigkeit herausgestellt (vgl. Taupunkt Kachelmann). Selbst über den Tag hinweg mit sich deutlich ändernder Aussenlufttemperatur und z. T. auch mit höherer Einstrahlung auf das Gerät ändert sich die Taupunktsanzeige beim Testo 608-H1 nur um maximal +/- 1 °C. Dies entspricht einer Änderung der Basishöhe um maximal um +/-120 m. Also durchaus eine Alternative für Orte an denen die Temperatur nicht ohne starke Umgebungseinflüsse messbar ist.


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